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Autor: Thomas Oelerich

AGDF lehnt die Stationierung von US-Mittelstreckenwaffen in Deutschland ab

Pressemitteilung / Berlin, 22. September 2024

31 Mitglieder der Aktionsgemeinschaft Dienst für den Frieden e. V. (AGDF) lehnen die Stationierung von US-Mittelstreckenwaffen in Deutschland ab

Die Aktionsgemeinschaft Dienst für den Frieden (AGDF) lehnt die geplante Stationierung von US-Mittelstreckenwaffen in Deutschland ab. Stattdessen ist es nach Ansicht des Friedensverbandes wichtig, alternative Ansätze zu militärischer Aufrüstung und Stärke bekannter zu machen. Dazu gehöre ein Umdenken und Umsteuern in der Sicherheits- und Friedenspolitik. Einen entsprechenden Beschluss fasste die Mitgliederversammlung der AGDF mit großer Mehrheit in Berlin-Spandau.

In ihrem Beschluss fordert die AGDF, dass sich der Deutsche Bundestag ausführlich mit dieser geplanten Stationierung von US-Mittelstreckenwaffen in Deutschland befasst und auch darüber entscheidet, dass sich die Bundesregierung mit Nachdruck und konkreten Aktivitäten für eine Rüstungskontrolle, eine nukleare Abrüstung und für eine internationale Ordnung einsetzt, wie sie auch in deren Nationalen Sicherheitsstrategie von 2023 festgeschrieben ist. Außerdem tritt der Friedensverband dafür ein, dass Politik, Zivilgesellschaft und Kirchen eine breite gesellschaftspolitische Diskussion zur Frage initiieren, wie Sicherheit und Frieden weltweit befördert werden können und welchen Beitrag Deutschland hierzu leisten kann und soll.

Dabei müsste in einer solchen Debatte nach AGDF-Auffassung die veränderte sicherheitspolitische Lage zu Beginn des 21. Jahrhunderts berücksichtigt werden. „Militärische Gewalt wird zunehmend und nicht nur von autoritären Regimen als Mittel zur Lösung von Konflikten verstanden; das zeigen die Interventionen der USA und verbündeter Staaten im Irak und der NATO in Afghanistan, das gilt für den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine, für die Drohungen Chinas gegen Taiwan, aber auch für die Politik von Staaten wie Indien, Saudi-Arabien oder der Türkei und in zahllosen blutigen regionalen Konflikten. Weltweit rüsten Staaten ihr Militär auf“, heißt es in der Resolution.

Nach Ansicht der AGDF hat die Entscheidung, ab 2026 landgestützte US-Raketen und Marschflugkörper in Deutschland zu stationieren, weitreichende politische und militärische Folgen, ohne dass es bisher zu einer fundierten kritischen Diskussion darüber gekommen sei. So würde der Zweck der Stationierung nicht erläutert, auch sei diese Entscheidung nur bilateral, nicht aber von der NATO getroffen worden. Da zu dem diese Waffen nur in Deutschland stationiert werden sollen, befürchtet die AGDF, dass das Land damit verstärkt zu einem Ziel etwaiger russischer Angriffe werden könnte.

Der Friedensverband sieht diese Stationierung als Teil der seit 2017 umgesetzten Aufstellung von fünf sogenannten Multi-Domain Task Forces (MDTF) für eine weitreichende regionale Kriegsführung der USA. Auch würden diese Überschallraketen es ermöglichen, Ziele in bis zu 2800 Kilometern Entfernung mit kurzen Vorwarnzeiten zu erreichen, womit sich diese Mittelstreckenwaffen mehr als andere landgestützte Waffen für Überraschungsangriffe eignen würden. Und auch wenn diese Marschflugkörper derzeit nicht mit Nuklearsprengköpfen bestückt werden könnten und dies wohl auch nicht geplant ist, könnten russische Abschusseinrichtungen für Trägerraketen durchaus strategisches Ziel dieser US-Waffen sein, was nach Ansicht der AGDF die Gefahr einer Eskalation bis hin zu einem möglichen Nuklearkrieg erhöhe.

Insgesamt sieht die AGDF die geplante Stationierung als Teil der laufenden weltweiten Aufrüstung. Zudem bedeute sie ein Ende des faktischen Moratoriums für die Stationierung von Mittelstreckenwaffen. Nach Ansicht des Friedensverbandes sinken damit die Chancen für eine Wiederbelebung der nuklearen Rüstungskontrolle, auch werde die politische und militärische Konfrontation zwischen NATO und Russland verschärft. Dies umso mehr, als anders als beim NATO-Doppelbeschluss von 1979 diesmal die Stationierung nicht an Rüstungskontrollverhandlungen und eine Abrüstung der Gegenseite gekoppelt wurde, kritisiert die AGDF.

Die AGDF hält es daher für notwendig, dass alternative Ansätze zu einer militärischen Aufrüstung und deren negativen Folgen bekannter gemacht werden. Die Mitgliederversammlung der AGDF in Berlin-Spandau begrüßt daher nachdrücklich, dass der Friedensverband seit Frühjahr 2024 dem Kreis der weltweit mehr als 650 Partnerorganisationen der „Internationalen Kampagne zur Abschaffung von Atomwaffen“ angehört. Die AGDF betont hier den wichtigen Beitrag des UN-Atomwaffenverbotsvertrages zum internationalen Dialog über nukleare Abrüstung und fordert die Bundesregierung auf, das Atomwaffenverbot zu unterstützen.

Die Gegenstimmen zur Resolution wurden von zwei Mitgliedsorganisationen damit begründet, dass sie sich hier eine umfassende Analyse der Situation und eine deutlichere Benennung der Rolle autoritärer Regime wie Russland gewünscht hätten. Die Stationierung von Mittelstreckenwaffen in Deutschland wird von ihnen allerdings auch nicht befürwortet.

Die 31 Mitglieder der AGDF engagieren sich in den unterschiedlichen Feldern konkret für den Frieden in der Welt, unter anderem in Friedensbildung, Ziviler Konfliktbearbeitung und Krisenprävention, Friedens-, Versöhnungs- und Menschenrechtsarbeit sowie grenzüberschreitenden Fach- und Friedensdiensten. Die AGDF als Dach- und Fachverband der Friedensarbeit bündelt die Zielsetzungen und Erfahrungen und bringtsie in den politischen Diskurs ein.

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Kontakt:

Jan Gildemeister, Tel. 0228/24 999-13, H 0172/70855 37

 

„ERZÄHL MIR VOM FRIEDEN“

Ökumenische FriedensDekade legt in diesem Jahr den Fokus auf gewaltfreie Beispiele der Konfliktbearbeitung

Seit über 40 Jahren engagiert sich die Ökumenische FriedensDekade für Gerechtigkeit, Frieden und die Bewahrung der Schöpfung. Jedes Jahr bestimmt ein konfessionell multilateral besetztes Gesprächsforum unter Beteiligung unterschiedlicher Friedensinitiativen in Deutschland ein Motto und bereitet vielfältige Materialien vor, die auf lokaler Ebene von Kirchengemeinden, Friedensinitiativen und ökumenische Gruppen genutzt werden können. Alleine im vergangenen Jahr fanden im Rahmen der Ökumenischen FriedensDekade bundesweit rund 5.000 Einzelveranstaltungen statt. Damit liefern ökumenische Gruppen und Friedensinitiativen an den zehn Tagen vor dem Buß– und Bettag (in diesem Jahr vom 10. – 20. November) einen wichtigen Beitrag zur Vertiefung des christlichen Friedenszeugnisses und zur friedenspolitischen Willensbildung in Kirchen, Schulen und Gesellschaft.

„Ich kann es bald nicht mehr hören!“. So reagieren viele Menschen auf scheinbar nicht enden wollende Berichte über Kriege und Krisen. Fast täglich führen uns Medien vor Augen, dass Gewalt für viele Staatenlenker*innen immer noch das erste Mittel der Wahl zu sein scheint, um ihre Macht zu sichern und ihre Ziele durchzusetzen. Hinzu kommt die Gewalt von Terrorist*innen, von Warlords, Drogenbanden und sonstigen kriminellen Gruppen. An Waffen mangelt es nicht: Mit Rüstungsexporten lässt sich sehr viel Geld verdienen, da werden gerne restriktive Regelungen ausgehöhlt oder umgangen, auch von der aktuellen Bundesregierung.

Dass es Menschen und Regionen auf der Welt gibt, die friedlich zusammenleben, immun sind gegen Feindbilder, die einfaches Gut/Böse-Denken ablehnen und einen konstruktiven Umgang mit Konflikten praktizieren, geht oftmals in der allgemeinen Berichterstattung unter, ist keine Nachricht wert oder wird kaum wahrgenommen.

Auch wenn an vielen Orten der Welt ein Leben in Frieden und Freiheit nicht möglich ist, so setzen sich doch überall Menschen mit zivilen und gewaltfreien Mitteln für Schwächere, für Demokratie, für Gerechtigkeit und Freiheitsrechte oder für den Erhalt unserer Erde ein. Viele tun dies, auch wenn sie dafür angefeindet, bedroht, verfolgt oder sogar bestraft werden. In den Schlagzeilen landen dennoch zumeist Berichte über Gewalt und Unfrieden, nur allzu selten wird über das durchaus wirksame Engagement für eine bessere Welt berichtet.

Das diesjährige Motto der Ökumenischen FriedensDekade „ERZÄHL MIR VOM FRIEDEN“ will den Fokus auf solche positive Engagements richten, ohne den vorhandenen Unfrieden, ohne das vorherrschende Unrecht oder die grassierende Angst vor einer ungewissen Zukunft auszublenden. Der Fokus soll darauf gerichtet werden, was bereits gelingt und wo sich Menschen erfolgreich mit zivilen und gewaltfreien Mitteln für den Frieden engagiert haben und aktuell engagieren. Wie ist es gelungen, dass Deutschland und Frankreich nach dem II. Weltkrieg heute nicht mehr Erzfeinde sind? Was hat zum Erfolg der „friedlichen Revolution“ in der ehemaligen DDR geführt? Warum sind in Norwegen die Menschen glücklicher als anderswo? Wie gelingt es Staaten, Millionen Geflüchtete aufzunehmen oder Zugewanderte zu integrieren, ohne dass es zu massiven, gewalttätigen Protesten kommt?

Das Versprechen auf eine schnelle, gewaltsame Bekämpfung von Unrecht oder terroristischer Gewalt ist attraktiv, aber unsere Erfahrungen und auch wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, dass sich mit Waffengewalt kein Frieden herstellen lässt. Gewalt führt vielmehr zu unvorstellbarem Leid und immenser Zerstörung. Umso wichtiger ist das Wissen über Alternativen, die existieren und täglich praktiziert werden. Denn es gibt sie, diese gewaltfreien Alternativen, im sozialen Miteinander genauso wie bei inner- und zwischenstaatlichen Auseinandersetzungen.

Im Geschichtsunterricht lernen wir bis heute viel über römische Feldherren, Kolonialmächte oder die Gräuel zweier Weltkriege und der NS-Herrschaft. Dabei droht das Friedensengagement aus dem Blick zu geraten: Von Jesus wird berichtet, wie er zum Widerstand gegen die römische Besatzungsmacht geraten hat („Gebt des Kaisers, was des Kaisers ist …“). Der von Mahatma Ghandi angeführte indische Widerstand gegen die britische Kolonialmacht, der Widerstand gegen die rassistische Vorherrschaft Weißer in den USA (Martin Luther King) und in Südafrika (Nelson Mandela), alles Beispiele für ein gewaltfreies Engagement, das überaus erfolgreich war. Die Sklaverei wurde letztlich nicht freiwillig von den Staaten geächtet, sondern dank des breiten, vorrangig gewaltfreien Widerstehens von vielen Menschen an vielen Orten. Wer kennt schon die Entstehungsgeschichte des Internationalen Versöhnungsbundes, das mutige Handreichen und Friedensversprechen von Franzosen und Deutschen 1914, direkt vor Beginn des Ersten Weltkrieges? Oder wer hält die Erinnerung an den vielfachen Widerstand gegen die nationalsozialistische Unrechtsherrschaft in Deutschland, aber auch in den besetzten Ländern wach?

Wir sind auf Geschichten jenseits von Gewalt, Kriegen und Krisen angewiesen, die uns Mut machen. Viele solcher Hoffnungsgeschichten finden sich auch in der Bibel, aus denen Christ*innen weltweit Kraft schöpfen für ihr gewaltfreies Engagement für Gerechtigkeit, Frieden und die Bewahrung der Schöpfung. Frieden auf Erden und Schwerter zu Pflugscharen sind die biblischen Verheißungen. Und dann noch die schöne Zusage „Selig, die Frieden stiften; denn sie werden Kinder Gottes genannt werden“ aus den sogenannten Seligpreisungen. Die Botschaft ist klar: Gemeinsam können wir Berge versetzen – mit Gottes Hilfe. Um dies nicht zu vergessen, hat die Ökumenische FriedensDekade dieses Motto gewählt: „ERZÄHL MIR VOM FRIEDEN!“

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(Der Text erschien in der Ausgabe Nr. 5, Sept./Okt. 2024 der Zeitschrift FriedensForum)

In diesem Jahr wird die Ökumenische FriedensDekade vom 10. bis 20. November begangen. Der diesjährige zentrale Gottesdienst der Ökumenischen FriedensDekade findet am 17. November 2024 in der Neuapostolischen Kirche in Lübeck statt (17:00 Uhr, Ellerbrook 2–14, 23552 Lübeck). Weitere Veranstaltungen im gesamten Bundesgebiet finden sich im Terminkalender auf der Website der Ökumenischen FriedensDekade.

Autor: Thomas Oelerich (Öffentlichkeitsarbeit und Marketing der Ökumenischen FriedensDekade)

 

Bundesweiter Gottesdienst der FriedensDekade in Lübeck

Bundesweiter zentraler Gottesdienst zur Ökumenischen FriedensDekade 2024 hier anmelden!

Ort: Neuapostolische Kirche in Lübeck Ellerbrock 214, 23552 Lübeck
Datum: Sonntag, 17. November 2024 Volkstrauertag

Beginn: 17:00 Uhr Gottesdienst,
18:30 Uhr Empfang, Ende: ca. 20:00 Uhr

Möglicher Fototermin: 17.11.2024, 16:45 Uhr mit allen am Gottesdienst beteiligten Personen
Der Eintritt ist frei um Anmeldung wird hier gebeten

ERZÄHL MIR VOM FRIEDEN (von Jan Gildemeister, Bonn)

Ein Impulstext zum Jahresmotto der Ökumenischen FriedensDekade in 2024

Ich kann es bald nicht mehr hören!“. So reagieren viele in meinem Umfeld auf scheinbar nicht enden wollende Berichte über Kriege und Krisen. Fast täglich führen uns Medien vor Augen, dass Gewalt offenbar immer noch für viele Staatenlenker*innen das erste Mittel der Wahl zu sein scheint, um ihre Macht zu sichern und ihre Ziele durchzusetzen. Hinzu kommt die Gewalt von Terrorist*innen, von Warlords, Drogenbanden und sonstigen kriminellen Gruppen. An Waffen mangelt es nicht: Mit Rüstungsexporten lässt sich sehr viel Geld verdienen, da werden gerne restriktive Regelungen ausgehöhlt oder umgangen, auch von der aktuellen Bundesregierung. Es fällt vielen schwer, die zahlreichen Berichte über Kriege und Krisen mit dem Gedanken „so ist halt die Welt“ abzutun. Das Leid der Opfer geht ihnen immer mehr unter die Haut.

Dass es Menschen und Regionen auf der Welt gibt, die friedlich zusammenleben, immun sind gegen Feindbilder, die einfaches Gut/Böse-Denken ablehnen und einen konstruktiven Umgang mit Konflikten praktizieren, geht oftmals in der Berichterstattung unter, ist keine Nachricht wert oder wird kaum wahrgenommen.

Auch wenn an vielen Orten der Welt ein Leben in Frieden und Freiheit nicht möglich ist, setzen sich doch überall Menschen mit zivilen und gewaltfreien Mitteln für Schwächere, für Demokratie, für Gerechtigkeit und Freiheitsrechte oder für den Erhalt unserer Erde ein. Viele tun dies, auch wenn sie dafür angefeindet, bedroht, verfolgt oder sogar bestraft werden. In den Schlagzeilen landen dennoch zumeist Berichte über Gewalt und Unfrieden, nur allzu selten wird über das durchaus wirksame Engagement für eine bessere Welt berichtet.

Das diesjährige Motto der Ökumenischen FriedensDekade „Erzähl mir vom Frieden“ will den Fokus auf dieses positive Engagement richten, ohne den vorhandenen Unfrieden, ohne das vorherrschende Unrecht oder die grassierende Angst vor einer ungewissen Zukunft auszublenden. Aber es wird angeregt verstärkt wahrzunehmen, was bereits gelingt und wo sich Menschen gemeinsam erfolgreich für den Frieden engagiert haben und aktuell engagieren. Solche Geschichten und Erzählungen stehen in diesem Jahr im Zentrum der FriedensDekade. Wie ist es gelungen, dass Deutschland und Frankreich nach dem II. Weltkrieg heute nicht mehr Erzfeinde sind? Was hat zum Erfolg der „friedlichen Revolution“ in der ehemaligen DDR geführt? Warum sind in Norwegen die Menschen glücklicher als anderswo? Wie gelingt es Staaten, Millionen Geflüchtete aufzunehmen oder Zugewanderte zu integrieren, ohne dass es zu massiven, gewalttätigen Protesten kommt?

Das Versprechen auf eine schnelle, gewaltsame Bekämpfung von Unrecht oder terroristischer Gewalt ist attraktiv, aber unsere Erfahrungen und auch wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, dass sich mit Waffengewalt kein Frieden herstellen lässt. Gewalt führt vielmehr zu unvorstellbarem Leid und immenser Zerstörung. Umso wichtiger ist das Wissen über Alternativen, die existieren und täglich praktiziert werden. Denn es gibt diese gewaltfreien Alternativen, im sozialen Miteinander genauso wie bei inner- und zwischenstaatlichen Auseinandersetzungen.

Für eine erfolgreiche Friedensbildung, eine „Erziehung zum Frieden“, braucht es Vorbilder und positive, Mut-machende Beispiele. Im näheren Umfeld sind dies im besten Fall Eltern, Erzieher*innen, Lehrer*innen, das soziale oder Arbeitsumfeld. Aber es ist zugleich wichtig und lehrreich über den lokalen oder regionalen Horizont hinaus zu blicken. Ein Beispiel: Im Rahmen des Programms des Zivilen Friedensdienstes (ZFD) gibt es eine Vielzahl an Projekten, in denen sich Initiativen und Organisationen weltweit mit professioneller Unterstützung für Frieden, Versöhnung und die Einhaltung der Menschenrechte einsetzen (www.ziviler-friedensdienst.org).

Über Jahrhunderte hinweg erfolgte in den meisten Fällen die schriftliche Überlieferung, die geschichtliche Einordnung von Konflikten aus der Sicht von Mächtigen. Dabei ging es nicht so sehr um eine authentische Vermittlung von Tatsachen, sondern darum, sie als Helden, als erfolgreiche Kriegsherren darzustellen. Und zugleich gibt es aber fast überall ursprünglich mündlich tradierte Geschichten und Erzählungen über ein gewaltfreies Engagement, das in der Vergangenheit wie in der Gegenwart zu Frieden beigetragen hat. Ich erinnere mich an eine Geschichte, die meine Mutter aus ihrer Heimat Nordfriesland erzählt hat: Als dänische Krieger intervenierten, wollten die nordfriesischen Männer gegen sie in den Krieg ziehen. Die Frauen sperrten sie ein, um ein Blutvergießen und weitere Rachezüge zu verhindern. Sie vertrieben die dänischen Krieger mit Bratpfannen und Kochtöpfen. Andere Geschichten erzählen, wie Frauen Sex verweigerten, um ihre Männer zur Vernunft zu bringen und Kämpfe zu verhindern.

Im Geschichtsunterricht lernen wir bis heute viel über römische Feldherren, Kolonialmächte oder die Gräuel zweier Weltkriege und der NS-Herrschaft. Dabei droht das Friedensengagement aus dem Blick zu geraten: Von Jesus wird berichtet, wie er zum Widerstand gegen die römische Besatzungsmacht geraten hat („Gebt des Kaisers, was des Kaisers ist …“). Der von Mahatma Ghandi angeführte indische Widerstand gegen die britische Kolonialmacht, der Widerstand gegen die rassistische Vorherrschaft Weißer in den USA (Martin Luther King) und in Südafrika (Nelson Mandela), alles Beispiele für ein gewaltfreies Engagement, das überaus erfolgreich war. Die Sklaverei wurde letztlich nicht freiwillig von den Staaten geächtet, sondern dank des breiten, vorrangig gewaltfreien Widerstehens von vielen Menschen an vielen Orten. Wer kennt schon die Entstehungsgeschichte des Internationalen Versöhnungsbundes, das mutige Handreichen und Friedensversprechen von Franzosen und Deutschen 1914, direkt vor Beginn des Ersten Weltkrieges? Oder wer hält die Erinnerung an den vielfachen Widerstand gegen die nationalsozialistische Unrechtsherrschaft in Deutschland, aber auch in den besetzten Ländern wach?

Wir sind auf Geschichten jenseits von Gewalt, Kriegen und Krisen angewiesen, die uns Mut machen. Viele solcher Hoffnungsgeschichten finden sich auch in der Bibel, aus denen Christ*innen weltweit Kraft schöpfen für ihr gewaltfreies Engagement für Gerechtigkeit, Frieden und die Bewahrung der Schöpfung. Frieden auf Erden ist die biblische Verheißung. Und dann noch die schöne Zusage aus den sogenannten Seligpreisungen. Die Botschaft ist klar: Gemeinsam können wir Berge versetzen – mit Gottes Hilfe. Um dies nicht zu vergessen, ist eines dringender denn je: Erzähl mir vom Frieden!

———————– (Erstveröffentlichung im Januar 2024)

Jan Gildemeister ist Vorsitzender des Ökumenische FriedensDekade e. V. und Geschäftsführer der Aktionsgemeinschaft Dienst für den Frieden (AGDF)

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