Ein Gespräch mit Wiltrud Rösch-Metzler und Lars Blume über die FriedensDekade 2025, gesellschaftlichen Zusammenhalt und die Kraft des Dialogs.
Frieden im Dialog: Perspektiven für ein gemeinschaftliches Engagement: In unsere Serie „Frieden im Dialog“ möchten wir die Menschen und Ideen hinter der FriedensDekade sichtbar machen. In regelmäßigen Gesprächen kommen Akteur*innen aus dem Gesprächsforum und Redaktionskreis zu Wort, teilen ihre Perspektiven und geben Einblicke in die Arbeit, die die FriedensDekade so lebendig macht.
Ob persönliche Geschichten, Visionen oder die Auseinandersetzung mit dem Wandel in der Friedensarbeit – dieser Dialog lädt ein, gemeinsam nach Wegen zu suchen, wie Frieden gestaltet werden kann.
Ein Weckruf für den Frieden
Frieden ist nichts Statisches – er muss aktiv gestaltet werden, im Kleinen wie im Großen. Die Ökumenische FriedensDekade lädt seit über 40 Jahren dazu ein, sich dieser Aufgabe zu stellen, gesellschaftliche Konflikte zu bearbeiten und Brücken zu bauen.
2025 steht die FriedensDekade unter dem Motto „Komm den Frieden wecken“. Ein Aufruf, wachsam zu bleiben, sich nicht entmutigen zu lassen und gemeinsam aktiv zu werden. Doch wie kann dieses Motto zu einer lebendigen Bewegung werden?
Darüber sprechen heute zwei Menschen, die die FriedensDekade mitgestalten:
Wiltrud Rösch-Metzler leitet den Redaktionskreis der FriedensDekade und verantwortet die jährliche Schreibwerkstatt. Sie setzt sich seit vielen Jahren für Frieden und Gerechtigkeit ein und bringt theologische wie gesellschaftliche Perspektiven zusammen.
Lars Blume arbeitet in der Öffentlichkeitsarbeit der FriedensDekade und beschäftigt sich mit der Frage, wie Friedensarbeit neue Wege gehen kann, um Menschen zu erreichen. Er bringt Erfahrung aus der internationalen Zusammenarbeit mit und verbindet Transformationsprozesse mit praktischen Ansätzen.
Die FriedensDekade: Struktur und Bedeutung
Wiltrud: Lars, bevor wir tiefer in unsere Themen einsteigen, lass uns kurz die FriedensDekade als Ganzes betrachten. Sie setzt mit ihrem Motto und Motiv den Rahmen, aber ihre Lebendigkeit verdankt sie den vielen Menschen, die sich mit eigenen Aktionen beteiligen. Die dezentralen Aktivitäten während der zehn Tage im November und darüber hinaus sind entscheidend. Wie siehst du diese Struktur?
Lars: Genau, die FriedensDekade lebt von den Menschen, die sich in Gemeinden, Organisationen oder als Einzelpersonen engagieren. Sie gibt mit ihrem thematischen und didaktischen Angebot Orientierung, aber jede und jeder kann sie mit eigenen Inhalten füllen. Dadurch entsteht eine beeindruckende Vielfalt – von Friedensgebeten und Mahnwachen bis hin zu kreativen Kunstprojekten (In unseren Rückblicken 2024, schauen wir auf die verschiedenen Aktionen in ganz Deutschland zurück). Ich finde es wichtig, dass wir betonen, dass die FriedensDekade nicht auf diese zehn Tage beschränkt ist.
Wiltrud: Unsere Materialien (im Online Shop erhältlich) erstellen wir natürlich besonders auf den zehntägigen Aktionszeitraum im November hin. Sie sollen Gemeinden, Schulen, Universitäten und zivilgesellschaftliche Organisationen ansprechen, um das Thema Frieden in ihrem Umfeld verankern.
Das Motto 2025: Wachsam sein und Verantwortung übernehmen
Wiltrud: „Komm den Frieden wecken“ – das klingt fast wie ein Alarmsignal. Warum, denkst du,brauchen wir gerade jetzt so ein Motto?
Lars: Weil viele Menschen resignieren. Die Krisen unserer Zeit sind erdrückend, Debatten oft vergiftet. Manche ziehen sich zurück, andere werden laut und wütend. Unser Motto ist eine Antwort darauf: Es ruft dazu auf, nicht in Ohnmacht zu verharren, sondern aktiv zu werden – mit Hoffnung und Entschlossenheit.
Wiltrud: Es geht also darum, wach zu sein für das, was um uns herum geschieht?
Lars: Ja, aber nicht nur im Sinne von Aufmerksamkeit, sondern auch Verantwortung. Frieden passiert nicht von allein – wir müssen ihn gestalten. Das beginnt oft im Kleinen: in unserem Umgang miteinander, in den Diskussionen, die wir führen, in den Perspektiven, die wir einnehmen. Darum finde ich auch die regelmäßigen Impulse Texte, (hier ein Beispiel von Christine Busch) die auf der Website der FriedensDekade veröffentlicht werden so wertvoll
Wiltrud: Und was bedeutet das für die FriedensDekade?
Lars: Dass wir Menschen ermutigen, sich einzubringen – nicht nur in diesen zehn Tagen im November, sondern das ganze Jahr über.
Das Motto 2025: Komm den Frieden wecken
Lars: „Komm den Frieden wecken“ ist eine starke Aufforderung. Es erinnert uns daran, dass Frieden kein Zustand ist, sondern ein aktiver Prozess. Die Bibelstellen dazu – Römer 13,11-12 und 1. Könige 19,1-8 – unterstreichen die Dringlichkeit und den langen Atem, den es braucht, um Frieden in einer zerrissenen Welt zu fördern.
Wiltrud: Ich finde es spannend, dass das Motto nicht nur Mahnung, sondern auch Ermutigung ist. Es geht darum, den Mut zu finden, Frieden aktiv zu gestalten – in der Politik, aber auch in unserem direkten Umfeld.
Gesellschaftliche Spaltung überwinden – gemeinsam handeln
Wiltrud: Du sprichst die gesellschaftliche Spaltung an. Wie können wir als FriedensDekade dazu beitragen, sie zu überwinden?
Lars: Indem wir Räume schaffen, in denen Menschen wieder miteinander ins Gespräch kommen. Polarisierung entsteht oft, weil Menschen einander nicht mehr zuhören. Unsere Gesellschaft braucht dringend neue Formen des Dialogs.
Wiltrud: Und wie könnte das konkret aussehen?
Lars: Zum Beispiel durch Veranstaltungen, die unterschiedliche Gruppen zusammenbringen. Der Friedenslauf 2025 in Berlin des forumZFD ist dabei nur ein Beispiel: Er verbindet Bewegung mit Begegnung, schafft ein sichtbares Zeichen und lädt zum Austausch ein aber auch die gerade durchgeführte Schreibwerkstatt sticht hervor.
Wiltrud: Da hatten sich aus dem ganzen Bundesgebiet Menschen getroffen, um die Vorlagen für die Friedensgebete in diesem Jahr zu verfassen. Dabei waren uns auch das Miteinander und die Begegnungen sehr wichtig.
Lars: Genau. Frieden entsteht nicht nur durch Debatten, sondern auch durch gelebte Solidarität. Gesellschaftliche Stärke kommt aus individueller Stärke – und die entsteht durch Fürsorge für unsere Mitmenschen. Wer sich sicher und wertgeschätzt fühlt, kann auch anderen mit Respekt begegnen.
Wiltrud: Wie würdest du das in unsere eigenen Netzwerke einbringen?
Lars: Friedensarbeit bewegt sich nicht in geschlossenen Kreisen. Wir dürfen auch die Menschen erreichen, die sich nicht mit diesen Themen beschäftigen und auch ungemütliche Gespräche führen. Das ist eine Herausforderung – aber auch eine große Chance.
Frieden im Dialog
Wiltrud: Die FriedensDekade lebt vom Dialog – in den Gemeinden, zwischen Generationen und auch zwischen den beiden Vorbereitungskreisen: dem Gesprächsforum, das Motto und Motiv festlegt, und dem Redaktionskreis, der die inhaltliche und didaktische Ausgestaltung verantwortet.
Lars: Wir brauchen eine Kultur, die Gewaltfreie Kommunikation, Achtsamkeit und Respekt ins Zentrum stellt. Die FriedensDekade bietet dazu eine Plattform, und das nicht nur inhaltlich, sondern auch ganz praktisch – etwa auf dem Kirchentag 2025 in Hannover, wo wir bewusst den Dialog mit Besuchenden suchen werden.
Wiltrud: Ja, der Kirchentag ist eine großartige Möglichkeit, um die FriedensDekade sichtbarer zu machen. Vielleicht können wir dort auch das Motto in interaktiven Formaten erlebbar machen. Welche Ideen hast du dazu?
Lars: Ich denke an ein Videoformat, dass den Menschen die Möglichkeit gibt sich zu positionieren und zu teilen, wie jede*r einzelne den Frieden weckt. Zeitgleich werden wir offene Gesprächsrunden anbieten, in denen Menschen ihre persönlichen Erfahrungen mit Friedensarbeit teilen können. Es wäre schön, einen Raum zu schaffen, in dem Menschen sich mit ihren Hoffnungen, aber auch mit ihren Sorgen einbringen können.
Die FriedensDekade im Wandel der Zeit
Lars: Die FriedensDekade gibt es seit über 40 Jahren. Was gilt es zu tun, damit sie auch in Zukunft relevant bleibt?
Wiltrud: Wir sollten Bewährtes erhalten, aber auch mutig neue Wege gehen. Die FriedensDekade hat eine starke Identität – aber sie hat sich in den letzten 40 Jahren auch kontinuierlich weiterentwickeln. Die Balance zwischen Kontinuität und Weiterentwicklung ist auch die Prämisse für die nächsten Jahre
Lars: Wie könnte das konkret aussehen?
Wiltrud: Zum Beispiel, indem wir neue Formate anbieten. Ein Beispiel ist die peace and pray APP, die man sich seit ein paar Jahren aufs Handy laden kann Wir müssen jüngere Menschen stärker einbinden und gezielt gesellschaftliche Debatten aufgreifen. Die FriedensDekade sollte ein Ort sein, an dem sich verschiedene Generationen und Perspektiven begegnen.
Hoffnung und Handeln
Wiltrud: Die Bibeltexte für 2025 sprechen von Wachsamkeit und Ausdauer. Wie verstehst du sie im Kontext unseres Mottos?
Lars: Sie machen deutlich, dass Frieden kein kurzfristiges Ziel ist, sondern ein Prozess. Der Weg ist oft mühsam – aber er lohnt sich. Gerade die Geschichte von Elia zeigt das: Er ist erschöpft, aber er bekommt neue Kraft. Das ist eine wichtige Botschaft für uns alle. Jeder Dialog, jede kleine Geste der Versöhnung trägt dazu bei, Frieden zu wecken, das heißt nicht, dass wir die politische Bühne aus dem Blick verlieren sollten, aber gerade Hoffnung und Zuversicht braucht immer wieder Momente des Zusammenkommens.
Ein Blick voraus: FriedensDekade 2025
Wiltrud: Zum Abschluss ein Blick nach vorn: 2025 jährt sich das Ende des Zweiten Weltkriegs zum 80. Mal. Gleichzeitig erleben wir eine geopolitisch sehr komplexe Zeit. Wie können wir trotz alledem Hoffnung und Klarheit bewahren?
Lars: Christliche Friedensarbeit bedeutet für mich, sich nicht von Angst oder Resignation leiten zu lassen. Frieden ist eine Herausforderung, aber er beginnt in jedem einzelnen Menschen. Wenn wir gesellschaftliche Stärke wollen, müssen wir sowohl unsere individuelle innere Haltung stärken als auch die Fürsorge für unsere Mitmenschen ernst nehmen.
Wiltrud: Ein schönes Schlusswort. Darum geht es auch in unserer Arbeit: Menschen zu ermutigen, aktiv zu werden und ihren Beitrag für den Frieden zu leisten.