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Autor: Thomas Oelerich

Wahlprüfsteine zu EU-Wahl: Für ein friedensfähiges und solidarisches Europa

Mehrere Friedensverbände und Organisationen, darunter auch Mitgliedsorganisationen aus dem Gesprächsforum der Ökumenischen FriedensDekade, haben im Vorfeld der Wahlen zum Europäischen Parlament am 9. Juni dazu aufgerufen, Kandidatinnen und Kandidaten zu wählen, die sich für ein friedensfähiges und solidarisches Europa einsetzen. Dazu haben sie Wahlprüfsteine veröffentlicht.

„Die Europäische Union entstand als ein Friedensprojekt“, erinnert Jan Gildemeister, der Geschäftsführer der Aktionsgemeinschaft Dienst für den Frieden (AGDF). Die EU
habe in Weltkriegen verfeindete Länder zu friedlicher Kooperation motiviert und geholfen, nach Ende des Kalten Krieges auch die Ost-West-Spaltung Europas zu überwinden, so Gildemeister. Zu Recht erhebe sie daher den Anspruch, dass die Mitglieder sich demokratischen Normen, friedlicher Streitbeilegung und den Menschenrechten verpflichten müssten. „Wir wollen erreichen, dass sich die EU auch in ihren Außenbeziehungen zu einem Friedensprojekt entwickelt“, unterstützt dies
Christoph Bongard vom forumZFD.

Wenn es um Europa gehe, stünden seit Februar 2022 vor allem der Krieg Russlands gegen die Ukraine sowie die Unterstützung der Ukraine durch die EU und ihre
Mitgliedsstaaten im Fokus. „Wir wollen die Aufmerksamkeit mit unseren Wahlprüfsteinen auch auf Themen lenken, die im Schatten des Krieges kaum wahrgenommen werden, obwohl sie eine grundlegende Bedeutung für die weitere europäische und globale Entwicklung haben“, unterstreicht Antje Heider-Rottwilm, die Vorsitzende des europäischen friedenskirchlichen Netzwerkes von Church and Peace.

Zu diesen Herausforderungen gehören nach Ansicht der beteiligten Organisationen und Verbände die Gestaltung glaubwürdiger Klima- und Umweltpolitik und das Engagement für nachhaltiges Wirtschaften und fairen Handel, aber auch eine Außen- und Sicherheitspolitik, die einem neuen globalen Rüstungswettlauf entgegenwirkt und
Sicherheit nicht nur militärisch definiert, sondern menschliche Sicherheit in den Blick nimmt.

„Sicherheitspolitik muss so gestaltet werden, dass sie nicht zur Abschottung führt“, fordert Gerold König, der Vorsitzende der Deutschen Sektion der internationalen
Katholischen Friedensbewegung pax christi. Und Sicherheit in Europa dürfe nicht auf Kosten von Sicherheit und Menschenrechten an anderen Orten gehen, fügt er hinzu.
Daher sei es wichtig, dass der Aufbau von Institutionen friedlicher Streitbeilegung und von Instrumenten ziviler Konfliktbearbeitung konsequent unterstützt werde, auf
europäischer wie auch auf globaler Ebene. Nach Ansicht der Friedensverbände müssten hier staatliche und zivilgesellschaftliche Akteure zusammenwirken, da nur so
die Kompetenzen und Erfahrungen zusammenkommen könnten.

Europäische Politik sei aber nur dann glaubwürdig, wenn sie die Beziehungen mit den Ländern des globalen Südens neu ausrichte und auf eine gerechtere Basis stelle, wenn
sie die Ursachen von Gewaltkonflikten in den Blick nehme und die eigenen Beiträge zum Unfrieden kritisch beleuchte, mahnt Martina Fischer von der Plattform Zivile
Konfliktbearbeitung an. Weiterhin kritisieren die Verbände: „Zahlreiche Waffen, die weltweit bei der Begehung schwerster Menschenrechtsverletzungen und Kriegsverbrechen eingesetzt werden, stammen aus europäischer Produktion. Das muss sich ändern!“

Bei der Europawahl am 9. Juni hätten alle Bürgerinnen und Bürger das Recht und die Möglichkeit, die Zusammensetzung des Europäischen Parlaments und damit die Politik der EU zu beeinflussen. „Die Wahlprüfsteine sollen dazu anregen, die Kandidatinnen und Kandidaten, die auf den Listen der Parteien stehen, kritisch zu befragen“,
unterstreicht Duška Borosac-Knabe, die Leiterin des Mennonitischen Friedenszentrums Berlin.

In den Wahlprüfsteinen geht es dabei konkret um mehrere Themen wie den Ausbau der Friedensförderung und der zivilen Friedensmissionen, eine menschenrechtsbasierte
Asyl- und Migrationspolitik, eine gerechtere Gestaltung der Beziehungen mit den Ländern des globalen Südens, eine Begrenzung und Kontrolle von Rüstungsprojekten
und Rüstungsexporten sowie eine Wiederbelebung der Rüstungskontrolle und der Abbau der Atomwaffen.

Die Wahlprüfsteine „Für ein friedensfähiges und solidarisches Europa“ finden sich im Internet bei Church and Peace e. V.

oder bei www.friedensdienste.de, www.paxchristi.de, www.forumZDF.de/de/eu-wahl-2024.

Zu den Herausgebern der Wahlprüfsteine gehören die AGDF, Church and Peace – Europäisches friedenskirchliches Netzwerk, das forum ZFD, Brot für die Welt, das
Mennonitische Friedenszentrum Berlin, pax christi und die Plattform Zivile Konfliktbearbeitung.

Bonn, 2. Mai 2024

Für Rückfragen:
Jan Gildemeister (AGDF), Telefon 0228/24 999-13

 

ACK-Deutschland startet Projekt: „Hoffnung für die Erde leben. Gerechtigkeit – Frieden – Schöpfung“

Im Rahmen der 254. Mitgliederversammlung der ACK am 13./14. März 2024 ist das Projekt „Hoffnung für die Erde leben. Gerechtigkeit – Frieden – Schöpfung“ an den Start gegangen.

Woher nehme ich Hoffnung, wenn ich von Krieg höre statt vom Frieden, von Klimakrise statt Bewahrung der Schöpfung, von Flucht aufgrund fehlender Lebensgrundlagen statt von Gerechtigkeit? Wie kann ich mich mit anderen Menschen verbinden und Teil der Lösung werden? Wie finden wir zueinander – mit unterschiedlichen Erfahrungen in dieser Gesellschaft? Wie können wir die vielen guten Ansätze stärken und umsetzen?

Die Initiative „Hoffnung für die Erde leben. Gerechtigkeit – Frieden – Schöpfung “ lädt Menschen ein, gemeinsam Antworten auf diese Fragen zu suchen und Teil einer Hoffnungsbewegung zu werden.

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Ausführliche Informationen über das Projekt, Materialangebote und Mitmachmöglichkeiten finden Sie auf der Website:

https://www.hoffnungleben2024.de

Wann beginnt der Vorkrieg?

Als Impulstext veröffentlichen wir diese Erklärung des AK-ReligionslehrerInnen im Institut für Theologie und Politik (ITP) von Mitte März zu Aussagen der Bundesbildungsministerin

Wir müssen den Mut haben, den Kindern den Frieden zu erklären!“ (Hermann Steinkamp)

Während des Höhepunktes der nuklearen Aufrüstung Anfang der 1980er Jahre schreibt Christa Wolf die Erzählung „Kassandra“. In ihr stellt sie eine noch immer gültige Frage:

„Wann Krieg beginnt, das kann man wissen, aber wann beginnt der Vorkrieg. Falls es da Regeln gäbe, müsste man sie weitersagen, in Ton, in Stein eingraben, überliefern. Was stünde da? Da stünde, unter andern Sätzen: Lasst euch nicht von den Eignen täuschen.“

Der Vorkrieg hat spätestens dann begonnen, wenn von Frieden zu sprechen als Feigheit interpretiert wird, wenn nicht mehr gesagt werden darf, dass ein Weg zu einem Frieden nur über Verhandlungen möglich ist und wenn die einzig denkbare Form des „Friedens“ der Siegfrieden ist. Der Vorkrieg hat auch dann begonnen, wenn die Kriegsrhetorik sich in alle Fasern einer Gesellschaft ausbreitet – auch in die Schulen.

Den Krieg gut vorbereiten?

So müssen auch die Äußerungen der Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger gelesen werden. Sie ordnet den Krieg ein in eine Reihe von weiteren Krisen, Pandemien und Naturkatastrophen, auf die man sich „gut vorbereiten muss“. Die Frage nach den Gründen soll nicht mehr gestellt werden. Erlaubt ist einzig eine reaktive Antwort. Damit aber ist all das, was Bildung ausmacht, preisgegeben worden: zu verstehen! Den „Sorgen und Ängsten“, die bei unseren Schüler*innen auftauchen, muss lediglich „begegnet“ werden. Auch hier geht es um reaktive Eindämmung und Beruhigung und genau damit um Befähigung zum Krieg. Und die Bildzeitung macht am 16. März ganz unverhohlen eine Zusammenfassung: „Bundesbildungsministerin: Lehrer sollen Schüler auf Kriegsfall vorbereiten.“

Stark-Watzinger erntet damit viel Zustimmung (zum Beispiel vom Deutschen Lehrerverband), aber auch Kritik. Manchen geht das, was sie sagt, dann doch zu weit: Die Aussagen irritieren. Aber vielleicht tun sie das gerade deshalb, weil Stark-Watzinger offen ausspricht, was tatsächlich geschieht und so nicht benannt werden soll: dass wir uns schon längst im Vorkrieg befinden.

Lasst Euch nicht von den Eignen täuschen

Dazu gehören auch die Reaktionen auf die Äußerungen von Papst Franziskus: eine Außenministerin, die den Kopf schüttelt („Ich versteh‘s nicht. Also ich verstehe es wirklich nicht. In diesen Zeiten …“). Man hält die weiße Fahne für ein fragwürdiges Bild, man unterstellt, dass der Papst die Kapitulation will und assoziiert Feigheit … In der Öffentlichkeit sind viele Bilder aufgerufen worden. Aber Christa Wolf warnt uns: Lasst euch nicht von den Eignen täuschen!

Papst Franziskus und seinen Worten Feigheit oder Kapitulation zu unterstellen, missinterpretiert den Sinn der weißen Fahne: Sie ist das Zeichen des Parlamentärs, der bereit ist, in Verhandlungen einzutreten. Dies Kapitulation zu nennen, ist eine nachträgliche Interpretation. „Ich glaube, derjenige ist stärker, der die Lage erkennt, der ans Volk denkt und den Mut zur weißen Flagge hat, zum Verhandeln.“ Das ist eine verstehbare Formulierung des Papstes. Sie nicht zu verstehen, nicht verstehen zu wollen oder zu können, zeigt, wie wichtig die Warnung von Christa Wolf ist: Lasst euch nicht von den Eignen täuschen!

Den Kindern den Frieden erklären

Kaum einer der öffentlich zu Rate gezogenen Kriegs- und Militärfachleute vermag noch die anfängliche Zuversicht aufrechtzuerhalten; und die Kriegsparteien so wie alle anderen mittlerweile in den Krieg Verstrickten wissen ganz offensichtlich nicht, wie da ’rauskommen, wie die Logik des Kriegs-Status-Quo verlassen. Die Ausweitung des Vorkrieges in die Schulen wird nicht der Weg sein. Und deshalb können die Überlegungen der Bundesbildungsministerin nur zurückgewiesen werden: Das ist nicht die Aufgabe von Schule und Bildung, von Lehrerinnen und Lehrern!

Inmitten des 30jährigen Krieges unterrichtete und lehrte der Begründer der Didaktik, Jan Amos Comenius. Und er sah es als die vorrangige Aufgabe an, den Krieg aller gegen alle zu beenden. Seine Formel dafür war nicht eine allgemeine Kriegsertüchtigung, sondern „alle alles ganz zu lehren“. Der katholische Pastoraltheologe Hermann Steinkamp hat immer wieder darauf hingewiesen, vor welcher Herausforderung die Pädagoginnen und Pädagogen stehen, vor allem auch, wenn wir Comenius ernst nehmen: Man muss den Kindern den Frieden erklären – um den Vorkrieg zu beenden. Das wäre die Aufgabe von Bildung. Nicht die Herstellung der Kriegstauglichkeit.

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Der Text ist der Website des Instituts für Theologie und Politik (ITP) entnommen: www. itpol.de

Happy End? (von Peter Herrfurth, Magdeburg)

Lieber Tatort als Blümchenwiese! Aber wenn schon Blümchenwiese, dann doch wenigstens mit einer verbuddelten Leiche…. Das bringt Quote. Das Böse verkauft sich immer besser. Es ist die alte Weisheit der Presseleute: “Bad news are good news!” Böse Geschichten funktionieren einfach besser. Aber nicht nur im Fernsehen. Sondern auch beim Sprücheklopfen in Kneipen oder bei manchen Reden in den Parlamenten.

Gruselgeschichten gibt da zu hören. Von Kopftuchmädchen und alimentierten Messermännern. Wer‘s glaubt wird nicht selig, sondern manipulierbar. Auch TikTok ist voll mit den Horror-Stories der blaubraunen Ecke. Und weil die Technik dahinter so genial ist, wird nach jeder dieser Storys schon die nächste aus dem gleichen üblen Märchenbuch serviert. Der Algorithmus befeuert die Angst vor Überfremdung und Bevölkerungstausch. Weil ich dort serviert bekomme, was mir schmeckt – und nicht das, was mein Weltbild hinterfragen könnte. Diese Angstmachergeschichten höre ich zweimal und glaube sie beim dritten Mal. Das machen sich Erzähler der extremen Rechten ganz bewusst zu nutze.

Lasst uns andere Geschichten erzählen! Aber nicht nur dort, wo ich in meiner Wohlfühlblase bin. Sondern dort, wo es das offene Wort braucht; das Widerwort; die gute Nachricht; die andere Perspektive. Geschichten vom Miteinander und von guten Lösungen. Geschichten mit Happy End! Hier gibt es gute Geschichten:

https://goodnews.eu

Täglich lösungsorientierte Nachrichten aus deutschen Medien. Wo ärztliche Behandlungsschulden erlassen werden. Oder Frauen in Somalia ihre eigene Fernsehsendung bekommen. Hören wir zu und erzählen es weiter. Good news braucht die Welt für ein Happy End.

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Februar 2024, von Peter Herrfurth, Landesjugendpfarrer der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland, Mitglied im Gesprächsforum der Ökumenischen FriedensDekade

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