Krieg in Israel (von Peter Herrfurth, Magdeburg)
Stell dir vor, du fährst zu einem Festival mit Hunderten Menschen, irgendwo auf dem Land.
Stell dir vor, deine Kinder fahren dorthin.
Stell dir vor, sie wollen Musik hören, Freundinnen treffen.
Stell dir vor, sie wollen tanzen, feiern, Spaß haben.
Letzten Samstag findet so ein Festival in der Nähe zu Gaza in Israel statt. Adi ist dabei, ihre Mutter Maizel zuhause weiß es.
Die Rhythmen der Raver wummern über den Platz. Es ist laut. So laut, dass Adi und die anderen das Dröhnen der Raketen nicht bemerken. Bis das Unvorstellbare passiert:
Plötzlich sind Terroristen auf dem Gelände. Sie schießen auf die verzweifelt Flüchtenden. Wahllos werden Menschen auf Pickups gezerrt und nach Gaza verschleppt.Über 260 Leichen werden gezählt. Mütter und Väter durchforsten Videos vom Terrorangriff nach ihren vermissten Kindern. Maizel entdeckt darauf ihre Tochter Adi. Maizel fleht die Entführer an:
„Bitte, bitte bleibt menschlich. Wir haben alle die gleiche DNA, wir sind alles nur Menschen.“
Und ich stelle mir vor, alle halten den Atem an.
Und ich selbst atme tief durch, und halte alles für möglich. Auch das Wunder.
Ich stelle mir vor, der große Gegenschlag bleibt aus. Die Geiseln kehren heim, die Toten werden bestattet.
Und die Lebenden schauen sich in die Augen. Erst langsam und vorsichtig. Denn die Augen sind verschleiert von Tränen und Schmerz.
Aber: es wäre da keine Rache.
Weil alle spüren: So kann – so soll es nicht weitergehen. Nicht diesseits und nicht jenseits des Zaunes. Auf beiden Seiten leben Menschen. Mütter und Töchter, Väter, Söhne und Großeltern. Und sie wollen nicht hassen, sie wollen leben und feiern und tanzen, essen und trinken und arbeiten.
Und ein Kind streckt die Hand aus. Und da landet eine Taube mit einem Ölzweig im Schnabel. Und es ist so still, dass man ihr Gurren hört. Stell dir das mal vor.
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Peter Herrfurth, Landesjugendpfarrer der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland, Mitglied im Gesprächsforum der Ökumenischen FriedensDekade