„Speichere dir Youssefs Nummer für das nächste Mal, wenn du eine Mitfahrgelegenheit benötigst.“, schreibt Amit. Ein bisschen flapsig. Aber manchmal hilft das Flapsig-Sein, um überhaupt über den Horror sprechen zu können. Es ist nicht viel leichter vier Monate danach.
Auch Amit und Amits Freunde feiern am 7. Oktober auf dem Trance-Festival nahe dem Kibbuz Re’im im Süden Israels. Sie überleben den Überfall durch die Terroristen der Hamas; sie können dem Massaker entkommen. Dank Youssef.
Youssef bietet hin und wieder seine Fahrdienste an, und an jenem Morgen im Oktober chauffiert er die Festival-Besucher nach Re’im und zurück. Youssef ist Beduine; er ist Araber. Ob ihn die Terroristen deshalb verschont hätten – keiner weiß es.
Youssef nimmt nicht Reißaus. Als die Terroristen das Festivalgelände schon umstellt haben und das Morden beginnen, widersteht Youssef dem eigenen Fluchtreflex und bleibt. Er lädt so viele Menschen wie möglich in seinen Kleinbus. Und dann fährt er um sein Leben.
Dass er den Bus mit all den zum Teil schwer verletzten Menschen durch den Kugelhagel in die Sicherheit steuert – heldenhaft! Seine eigentliche Heldentat ist aber, dass er – als es drauf ankommt – nur Menschen sieht, die jetzt vor Tod und Terror zu bewahren sind.
Es gibt eine Zukunft. Miteinander. Denn am Ende trennt uns nur eine einzige unüberbrückbare Grenze voneinander: Sie verläuft nicht zwischen Religionen und Ethnien, sondern zwischen denen, die den Tod bringen und denen die das Leben wollen. Letztere werden immer mehr sein.
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Conrad Krannich ist Studierendenpfarrer der ESG Halle