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9. August 2021

„Dass Gott Frieden schafft, indem er die Logik der Gewalt überwindet, gilt oft als anstößig.“

von Christine Busch (Vorsitzende der Aktionsgemeinschaft Dienst für den Frieden (AGDF)

 

Liebe Freundinnen und Freunde!

Der blaue Planet liegt unter einem Netz von Flugbahnen. Weiße Friedenstauben sind in alle Richtungen unterwegs. Ihnen ist kein Weg zu weit, selbst unwirtliche Gegenden wie die Arktis und die Antarktis liegen auf ihrer Bahn. Im Weltkugel-Logo der Friedensdekade 2021 steckt das Bild eines universalen Friedens: einerseits als Aufgabe und Ziel für die Weltgemeinschaft und für unsere eine Erde, und andererseits als Zeichen für Gottes uraltes Versprechen eines neuen Himmels und einer neuen Erde. Gottes Friedensreich liegt vor uns, und doch ist seine Wirklichkeit schon jetzt zu spüren! Denn Gottes Friede braucht immer Hände und Füße, Herzen und Verstand von Menschen, die sich in ihrem Engagement für Frieden, Gerechtigkeit und den Schutz der Schöpfung nicht beirren lassen. Wo sie dafür arbeiten, das Leben friedlicher und gerechter, solidarisch und zukunftsfähig zu machen, sind sie auf Gottes Spuren unterwegs. Solche Friedensarbeit, die Gerechtigkeit und Frieden in einer unlösbaren Beziehung versteht, ist eine Daueraufgabe. Sie lebt davon, dass sich Menschen und Verhältnisse durch sie verändern. Sie ist ein dynamischer Prozess, der langen Atem braucht und in der Regel nicht spektakulär daherkommt. Auf diesem Wege ist die Ökumenische FriedensDekade ein Knotenpunkt: zehn Tage des Nachdenkens, des Austauschs und der Ermutigung. Friedensboten aus Gemeinden, professionelle Friedensarbeiterinnen, phantasievolle Künstlerinnen bringen ihre Geschichten und Erfahrungen, ihre Vorstellungen und Ideen mit. Die FriedensDekade ist eine nun 41 Jahre alte, unbegrenzte „Fortsetzungsgeschichte“ und eine für die AGDF unverzichtbare ökumenische Plattform. Die AGDF und ihre Mitgliedsorganisationen sind eine Stimme des Friedens in Kirche und Gesellschaft. Inspiriert von Gottes Schalom, sprechen sie lebensfeindliche, gewaltförmige Strukturen offen und kritisch an; sie bestehen auf dem Vorrang des Zivilen, auf Prävention und dem Weg der Gewaltfreiheit.

Aktiv tritt sie für Gerechtigkeit und die Einhaltung der universalen Menschenrechte ein. Ihre Arbeit hat interkulturelle und interreligiöse Dimensionen, besonders im Dialog mit Menschen, die andere Praktiken des Glaubens und der ethischen Vergewisserung leben. Vor allem erweist sich die präventive Arbeit der Friedensbildung und der Qualifizierung als Schlüssel auf dem Weg zu einer Kultur, in der Konflikte gewaltfrei gelöst werden. Dass diese Arbeit der AGDF und ihrer Mitglieder seit langem politisch gefördert wird, zeigt ihren Stellenwert für die Gesellschaft. Diese Erfahrung zieht sich durch dieses Heft. Sie ist der Cantus Firmus für alle Überlegungen im Blick auf Reichweiten des Friedens, auf deren Messbarkeit und Nachweisbarkeit. Sie impliziert auch die Begrenztheit unseres Handelns: der neue Himmel und die neue Erde, in der Gerechtigkeit und Friede sich küssen, liegen noch vor uns. Unsere Welt ist noch nicht befreit. Wir stehen in der Verantwortung, sie friedlich und lebensdienlich zu gestalten, indem wir uns an dem gewaltfreien Friedenshandeln Jesu Christi ausrichten. Die Maximen der Bergpredigt, Gewalt zu lassen und Feinde zu lieben, sind keine ausgewogenen oder in Reichweiten zu bemessenden biblisch-ethischen Grundsätze. Ihre politische Anschlussfähigkeit wird auch im kirchlichen Bereich angefragt. Dass Gott Frieden schafft, indem er die Logik der Gewalt überwindet, gilt oft als anstößig. Wer aber das eigene Handeln an dieser Friedenslogik orientiert, nimmt die Herausforderung an, sich diesem Ziel Schritt für Schritt zu nähern, selbst wenn es letztlich unerreichbar ist. „Die Kirche muss und darf den Frieden als ethischen Anspruch im Sinne der Bergpredigt absolut setzen, auch wo dies in weltlicher Logik als Torheit erscheint“, heißt es in einem landeskirchlichen Beschluss. Kirchliche Friedensarbeit in diesem Sinn ist eine prophetische Stimme von erstaunlicher Reichweite – und sie ist praxistauglich, lebensnah und vor allem für junge Menschen attraktiv. Sie bedeutet einen unermesslichen Mehrwert für das Zusammenleben, für die Gesellschaft und für internationale Beziehungen.

40 Jahre FriedensDekade standen im Jubiläumsjahr 2020 unter dem Motto „Umkehr zum Frieden“. Das diesjährige Thema „Reichweite Frieden“ wirkt eher nüchtern, bilanzierend, technisch und spröde angesichts einer verwundeten Schöpfung und einer gequälten Welt. Die Klimakrise, die systemische wirtschaftliche Ungerechtigkeit, zunehmende Auswüchse von Populismus, Rassismus, Fremdenfeindlichkeit, aber auch die digitale Revolution erfordern Antworten. Die COVID-19-Pandemie hat die Zerrissenheit der Gesellschaft verdeutlicht und Verwundbarkeiten aufgedeckt. Solidarität wurde in Frage gestellt; Abgrenzung oder Konkurrenz haben individuelles und politisches Handeln regiert. Wir stecken in einer Ausnahmesituation, für die es keine Analogien gibt. Wo der Krisenmodus Jo-Jo-Effekte her-vorbringt, entstehen große Vertrauensverluste. Welche Themen und Aufgaben werden angesichts der Pandemie zurücktreten oder auf der Strecke bleiben? Wie werden friedenspolitische Forderungen in diesem Superwahljahr 2021 aufgenommen, z.B. in Bezug auf die Rüstungsexportkontrolle, den Atom-waffenverbotsvertrag, die Krisenprävention und die zivile Konfliktbearbeitung, die Auslandseinsätze der Bundeswehr, die Lage von Geflüchteten, die Situation von Minderheiten? Wird es gelingen, die not-wendigen gesellschaftspolitischen Debatten fair und tiefgründig zu führen? Die kirchliche Friedensarbeit kann mit Methoden der gewaltfreien Konfliktbearbeitung dazu beitragen. Sie bietet an Fähigkeiten einzuüben, um in einer immer vielfältigeren Gesellschaft friedlich, tolerant und achtsam miteinander zu leben. Dass ihre Angebote auch Menschen erreichen, die in den Kirchen nicht zu Hause sind, die einen anderen oder keinen Glauben haben, zeigt ihre Dialogfähigkeit und ihre Bedeutung für die Zivilgesellschaft. Der blaue Planet unter dem Flugbahnennetz der Friedenstauben ist ein gutes Symbol auch für die gegenwärtige Ökumene. Diese ist Institution, Struktur und Bewegung zugleich. Gerechtigkeit, Frieden und sichtbare Einheit sind ihre Ziele. Die ökumenische FriedensDekade trägt Jahr für Jahr verlässlich dazu bei, dass wir auf diesem Weg gemeinsam vorankommen. Herzlichen Dank!

(entnommen der Handreichung der AGDF zur Ökumenischen FriedensDekade 2021)

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