Umkehren, um ans Ziel zu kommen
Von Peter Herrfurth (März 2020) (- als pdf-Datei)
„Immer weiter so, immer weiter geradeaus. Koste es, was es wolle. Wer bremst, verliert!“ Was für eine Lebenshaltung!
In Island klappt sie nicht. Franziska ist zum ersten Mal in Island. Sie macht ein freiwilliges Auslandsjahr bei der Kirche. Sie besucht Veranstaltungen, bereitet mit vor, räumt auf und vieles mehr… Sie ist dort Mädchen für alles.
Dann muss sie in eine entfernte Gemeinde fahren. Mit dem Auto. Quer über die Insel. Über Brücken und durch Tunnel. Und weil in Island wenig Verkehr ist, gibt es auch einspurige Tunnel. Aber keine Ampel.
Und dann passiert es. Es kommt jemand von vorn. Blöd, dass Franziska noch nicht die Hälfte des 5 km langen Tunnels geschafft hat. Damit man sich nicht streitet, ist nämlich der Mittelpunkt der Strecke markiert.
Keine Chance, Franziska muss zurück. Über 2 km im Rückwärtsgang. Eine Wendestelle gibt es nicht. Nur der Rückfahrscheinwerfer spendet minimales Licht.
Es ist anstrengend, Meter um Meter rückwärts schleichen. Nach über 2000 Metern endlich ein Lichtschein – das Tunnelende. Der andere Fahrer kann nun auf die Gegenspur ausweichen und Franziska startet wieder neu.
Den Rückwärtsgang einlegen, nachdem man schon so weit gekommen war, das nervt. Doch es ist mitunter unumgänglich. Sonst komme ich nie ans Ziel. Es lässt sich im Leben nicht so einfach durch eine Markierung festlegen, wann ich zurück muss. Oft ist es ein inneres Abwägen.
GOTT segne Sie in solchen schwierigen Entscheidungen – Und ER sei Ihnen ein Licht am Ende des Tunnels.
Und wo müssen wir den Rückwärtsgang einlegen? Die Richtung ändern? Ganz persönlich? Regional? Global? Unsere Umkehr zum Frieden? Oder haben wir die Markierung längst überschritten und es gibt kein Zurück?
Mögen wir SEIN Licht sehen am Ende des Tunnels.
Von Peter Herrfurth ist Landesjugendpfarrer der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland