Der Stern (von Peter Herrfurth, Magdeburg)
An einem Kirchturm sehe ich ein großes Transparent aus Stoff. Bedruckt mit einer sparsamen Skizze: Ein Strich als Boden, zwei Striche machen zwei Wände, obendrüber bilden zwei weitere Striche das Dach. Alles ganz schlicht.
Und viele erkennen trotzdem: Hey, das ist doch der Stall von Bethlehem im jüdischen Land. Wo Jesus geboren wurde, ein jüdisches Kind.
Der Stall ist leer. Die heilige Familie, die Hirten und Könige – und auch die Tiere sind schon unterwegs, aufgebrochen irgendwohin.
Aber innen im Stall leuchtet immer noch ein Stern. Der Davidstern – Judenstern sagen manche auch. Dort in der Hütte ist er gut geschützt, von Wänden, Dach und Boden. Und das ist auch nötig.
Ich habe vor einigen Tagen die neue Synagoge in Magdeburg besucht. Kameras ringsum. Eine Sicherheitsschleuse. Polizei patrouilliert auf der Straße. An der Pforte kontrolliert ein Sicherheitsdienst. Und es wurde mir mulmig:
Sowas ist heute nötig. Bei uns. In Magdeburg.
Ganz in der Nähe stand schon mal eine Synagoge. Magdeburger haben sie komplett zerstört. Aus blindem Hass. So haben es unsere Vorfahren überall in unserem Land mit dem jüdischen Leben gemacht. Es liegt an uns, ob das wieder passiert.
Daran erinnert das Transparent am Kirchturm: Passt auf! Lasst uns gut aufeinander aufpassen. Dass nicht wieder solche Verbrechen geschehen. Weil jeder Mensch wertvoll ist. Jeder braucht ein schützendes Dach, ein Zuhause in Sicherheit. Jeder Mensch. Es liegt an uns.
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Januar 2024, von Peter Herrfurth, Landesjugendpfarrer der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland, Mitglied im Gesprächsforum der Ökumenischen FriedensDekade